Mathemethik

Unter dem Begriff «Mathemethik» fassen wir unsere Aktivitäten zur Förderung des Verständnis von statistisch-mathematischem Wissen für die Ethik zusammen. Wir engagieren uns hier, weil durch die Unkenntnis der Akteure ein ungesundes Ungleichgewicht zugunsten der Versicherer besteht.

Die Logik der Wirtschaftlichkeitsverfahren zieht sich durch viele Steuerungsinstrumente: Die Fallpauschalen zwingen die Spitäler in ein pro Behandlung fixes Budget. Reicht dieses im Einzelfall nicht aus, so gleicht das Spital den Verlust durch lukrative Fälle aus. Dies sind Behandlungen, deren medizinische Zweckmässigkeit eher fraglich ist. Die Folge sind Mengenausweitungen beim Unnötigen und Behandlungsverweigerungen bei den Bedürftigen. Die Budgetverantwortung in Ärztenetzwerken reizt durch ein Busse bei Über- und einen Bonus bei Unterschreitung ebenfalls zur Verweigerung teurer Behandlungen an. Diese fallen später an, oftmals nach Austritt aus dem Netzwerk, was Leid und zusätzliche Kosten verursacht. Die Rentenstreichungen der Invalidenversicherung haben denselben Effekt: eine Verlagerung in die Krankenversicherung und in die Sozialwerke, und dies auch zu höheren Kosten. Verstehen kann man diese allesamt ethischen Probleme indes nur, wenn man sich mit den Modellen der statistischen Mathematik auseinandersetzt, die den Hochrechnungen zugrunde liegen, mit denen uns die betreffenden Positionen «verkauft» werden.

Was also hat Ethik mit Mathematik zu tun?

Die Algorithmen sozialer Netzwerke wie Facebook oder Instagramm stehen heute wegen ihres gesellschaftsspaltenden Potenzials nicht zuletzt auch vonseiten der Ethik in der Kritik. Gesundheitsökonomische Modelle hingegen werden von unseren Ethikinstituten kaum je moniert. Sind sie also alle ethisch unbedenklich?

Die Wahrheit: Unsere Ethikinstitute können dies gar nicht beurteilen. Weil sie nicht wissen, wie diese Modelle mathematisch-statistisch funktionieren. Wenn allerdings der Ethikrat der öffentlichen Statistik der Schweiz in einer Stellungnahme (https://www.ethikrat-stat.ch/de/assets/File/faelle/a1_Scan.pdf) die statistischen Modelle zu den Wirtschaftlichkeitsverfahren der Versicherer als «Missbrauch der Statistik» bezeichnet, dann zeigt dies, dass ein genaueres Hinschauen Not tun würde. Es ist sogar die Voraussetzung, um aus den Resultaten dieser Modelle ethische Schlussfolgerungen ziehen zu können. Der VEMS tut dies seit nunmehr fünfzehn Jahren. Mit dieser Website wollen wir unser mathematisches Wissen teilen und sowohl die Ärzteschaft als auch die Ethik zu einer gesundheitsökonomischen Kommunikation auf Augenhöhe ermächtigen.

Mangelhafte gesundheitsökonomische Modelle können effiziente Behandlungen und effiziente Behandelnde als ineffizient darstellen und viceversa. Nimmt man ihre Resultate ungeprüft als Grundlagen für Steuerungsinstrumente, weil sie vielleicht die eigene Voreingenommenheit bestätigen, so leistet man einen Beitrag an eine dysfunktionale Ökonomie. Dies ist das volkswirtschaftliche Problem. Im Ergebnis führen kontraproduktive Steuerungsinstrumente auf der Basis mangelhafter gesundheitsökonomischer Modelle des Weiteren zu einer Rationierung bei den Kranken, Alten und Behinderten. Dies ist das ethische Problem. Wenn eine Studie, ein Risikorechner, ein gesundheitsökonomisches Modell, ein Beurteilungsverfahren etc. aufgrund mangelhafter Qualität für vermeidbare Krankheiten und Todesfällen ursächlich ist, dann stellen sich drittens aber auch Haftungsfragen. Wir stehen am Anfang einer umfassenden Integration der Gesundheitsökonomie in die Behandlungspfade der Medizin. Eine Ethik, die diesen Prozess sich selbst überlässt und unbesehen durchwinkt, kann ihren gesellschaftlichen Auftrag nicht erfüllen. Diese Website zeigt auf, wie sie kritische Fragen stellen könnte, um dem gerecht zu werden. Sie hilft bei Fragen zu folgenden Themen:

Unser Positionspapier ist eine Replik auf die Positionen der SAMW.r ist eine Replik auf die Positionen der SAMW.